Nach langen Wintermonaten lockt der Frühling uns mit milden Temperaturen und Sonnenschein ins Freie: Gute Voraussetzungen, um die Vitamin-D-Versorgung wieder auf Vordermann zu bringen. Denn Vitamin D wird durch Sonnenlicht in unserer Haut aktiviert. Doch offenbar tun sich viele Menschen mit einer optimalen Vitamin-D-Versor- gung schwer: Experten warnen, dass nicht geringe Teile der Bevölkerung selbst im Sommer einen Vitamin-D-Man- gel aufweisen und damit chronische Krankheiten riskieren.

Vitamin D – das Sonnenvitamin

Vitamin D nimmt unter den Vitaminen eine Sonderstellung ein, da es kein Vitamin im eigentlichen Sinne ist, sondern vielmehr die Vorstufe eines Hormons. Im Gegensatz zu anderen Vitami- nen, die unser Körper aus der Nahrung beziehen muss, wird Vitamin D – genauer gesagt das Prohormon Cholecalciferol oder Vitamin D3 – sowohl über die Ernährung zugeführt als auch durch Sonnenbestrahlung in unserer Haut gebildet.

Die weit verbreitete Meinung, dass für die Vitamin-D-Bildung ein kurzer Aufenthalt an der frischen Luft ausreichend ist, ist nur bedingt vertretbar. Die vielfach zitierten Zeitangaben von etwa 15-20 Minuten im Freien pro Tag sind von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, wie der geographischen Lage, der Wetter- bedingung, dem Hauttyp oder dem Alter, und somit nicht allge- meingültig. Und obwohl die für die Bildung von Vitamin D ver- antwortliche UVB-Strahlung in Deutschland ohnehin sehr gering ist, verbringen wir die Zeit zunehmend in Innenräumen oder nutzen an den wenigen sonnenerfüllten Tagen Sonnencremes mit hohem Lichtschutzfaktor, die die Bildung des Vitamins blo- ckieren. So plädieren viele Ernährungsexperten dafür, die der- zeit geltenden empfohlenen Zufuhrmengen für Erwachsene von 400-600 IE (10-15 µg) täglich auf mindestens 800-1.000 IE (20-25 µg) Vitamin D anzuheben1.

Vitamin-D-Mangel nicht zu unterschätzen

Wenig verwunderlich ist daher, dass Untersuchungen zufolge der optimale Vitamin-D-Wert von 75 Nanomol pro Liter Blut hierzu- lande in allen Altersgruppen unterschritten wird. Eine Auswer- tung von 10.000 Blutproben zeigte bei 80 Prozent der Studien- teilnehmer aus Norddeutschland eine Vitamin-D-Unterversor- gung2. Eine weitere Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass in Deutschland die Mehrzahl der Frauen im Alter von 65 bis 79 Jah- ren (75 Prozent) und der Migranten im Alter von 3 bis 17 Jahren (65 Prozent) unzureichende Vitamin-D-Werte aufweisen3.
Insgesamt tritt ein Vitamin-D-Mangel am häufigsten bei älteren Menschen auf, die das ganze Jahr über wenig vor die Tür gehen, bei Menschen mit Migrationshintergrund, die aus religiösen oder kulturellen Gründen verhüllende Kleidung tragen, sowie bei Übergewichtigen, da Vitamin D ein fettlösliches Vitamin ist, das bei einem höheren Fettanteil im Körper verstärkt als inakti- ve Form im Fettgewebe eingelagert wird.

Über die Nahrung kann ein Vitamin-D-Mangel kaum ausgegli- chen werden. Nur sehr wenige Lebensmittel enthalten größere Mengen des Sonnenvitamins, wie z. B. fettreiche Fische und Lebertrane. Viele Experten halten Vitamin-D-Präparate zur Sicherstellung der Vitamin D-Versorgung daher für sinnvoll.

Studie belegt: Niedrige Vitamin-D-Werte erhöhen Sterblichkeitsrisiko

Vitamin D ist bekannt dafür, einen entscheidenden Beitrag zur Knochengesundheit zu leisten. Doch auch in anderen Bereichen wirkt das Sonnenvitamin gesundheitsfördernd, wie zahlreiche For- schungen belegen. Bewiesen ist u.a. seine positive Wirkung auf Immunsystem, Zellteilung oder Muskelfunktion. Außerdem konn- te ein Zusammenhang zwischen erhöhten Vitamin-D-Werten und einem verminderten Risiko für bestimmte Krankheiten nachgewie- sen werden. Neben verschiedenen Knochenkrankheiten (Osteo- porose, Osteomalazie, Rachitis) schützt Vitamin D Untersuchun- gen zufolge vor Diabetes, Krebs, Arthritis oder Bluthochdruck.

Wissenschaftler der Harvard-Universität haben nun weitere überzeugende Beweise gefunden, welche die Gesundheitsbe- deutung von Vitamin D untermauern. Laut ihrer Auswertung4 von 95 Studien zu Vitamin D mit insgesamt über 880.000 Teil- nehmern besitzen Erwachsene mit niedrigen Vitamin-D-Werten ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko. So ist etwa das Risiko, an einer Herzerkrankung zu sterben, bei niedrigem Vitamin-D-Spiegel um 35 Prozent erhöht, und die Wahrscheinlichkeit, infolge einer Krebserkrankung zu sterben, 14 Prozent erhöht. Die Forscher stellten zudem fest, dass Menschen mittleren und höheren Alters, die ihre Nahrung mit Vitamin D3 ergänzen, ein 11 Pro- zent geringeres Gesamtsterblichkeitsrisiko besitzen.
Wir können somit festhalten: Obwohl die Medien oftmals das Gegenteil suggerieren, sind große Teile der Bevölke- rung nicht gut mit Vitamin D versorgt – und das nicht nur im Winter. Angesichts der Vielzahl von Studien zur Rolle von Vitamin D bei der Förderung von Wohlbefinden und Gesundheit sollten insbesondere Risikogruppen darauf achten, ihren Körper regelmäßig mit genügend Vitamin D zu versorgen.

Quellen:

  1. http://www.nutri-facts.org/ger/vitamine/vitamin-d- calciferol/zufuhrempfehlungen/
  2. J. Kramer, A. Diehl und H. Lehnert: Epidemiologische Untersu- chung zur Häufigkeit eines Vitamin-D-Mangels in Nord- deutschland. DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2014; 139 (10); S.470-475
  3. Robert Koch Institut, www.rki.de
  4. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24414552