Fettreiche Kost hat einen schlechten Ruf, wird sie doch mit unerwünschten Hüftpolstern oder Herz-Kreislauf-Problemen in Verbindung gebracht. Fett ist aber nicht gleich Fett. Nahrungsfette können gesättigte Fettsäuren enthalten, die sich eher negativ auf den Körper auswirken, aber es gibt auch ungesättigte Fettsäuren, wie die Omega-3-Fettsäuren, denen viele gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben werden. Bevorzugte Quellen für diese Fettsäuren sind fetter Seefisch und Fischöl. Aber auch Algen sind hervorragende Omega-3-Lieferanten. Was zeichnet diese pflanzlichen Alternativen aus?
Merkmale von Fettsäuren
Fettsäuren sind organische, also natürliche Moleküle, die wichtige Bausteine von Lipiden (Fetten) sind. Sie bestehen aus einer Kette von Kohlenstoffatomen mit einem sauren Ende. Wenn jedes Kohlenstoffatom zwei Wasserstoffteilchen gebunden hat, ist das Fettsäuremolekül satt. Ein hoher Gehalt dieser gesättigten Fettsäuren findet sich z. B. in Butter, Kokosfett oder Käse. Wenn ein oder mehrere Kohlenstoffatome schwächende Doppelbindungen aufweisen, handelt es sich um eine ungesättigte oder sogar mehrfach ungesättigte Fettsäure. In der organischen Kohlenstoffchemie wird diese Gruppeneinteilung einfach nach der Position der ersten Doppelbindung nummeriert: Omega-9-, Omega-6- und die reaktionsfreudigen mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren, die wir aus Leinöl oder Nüssen kennen.
Gute Fette, schlechte Fette
Gesättigte Fettsäuren werden gerne als „schlechte“ Fette bezeichnet, ungesättigte oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren entsprechend als „gute“ Fette. Diese Sprachregelung beruht auf der Annahme, dass gesättigte Fettsäuren in Butter, Fleisch, Wurst oder Käse mit einem erhöhten Risiko für Herzerkrankungen oder Diabetes in Verbindung gebracht werden können. Der wahre Risikofaktor, nämlich die anhaltende Mangelversorgung mit dem essentiellen Vitamin C und anderen Mikronährstoffen, wird dabei hartnäckig ignoriert. Tatsächlich erfüllen auch die gesättigten Fettsäuren wichtige Aufgaben im Körper, sie sind wichtige Bausteine für die Zellmembranen und Botenstoffe in verschiedenen Regelkreisen. Der Veganer stellt zwar die Herkunft in Frage und wünscht sich eher pflanzliche Quellen. Grundsätzlich kommt es aber auf ein gut abgestimmtes Mengenverhältnis zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren an.
Ungesättigte Fettsäuren sind dafür bekannt, dass sie dem Körper viel Gutes tun. Sie unterstützen das Herz-Kreislauf-System, wirken entzündungshemmend und erhalten die Gesundheit des Gehirns. Wir unterscheiden zwischen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Ihr Verhältnis in der Nahrung sollte ausgewogen sein. Zu viel Omega-6 schränkt die Wirkung von Omega-3 ein, was zu Gefäßverengungen und Entzündungen führen kann. In der westlichen Ernährung ist das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren leider meistens zu hoch und damit ungesund. Wer seiner Gesundheit etwas Gutes tun will, sollte daher unbedingt seine Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren im Auge behalten.
Die wirklich schlechten Fette sind die Transfette. Sie entstehen durch Erhitzung, z. B. beim Frittieren, oder bei der industriellen Herstellung von Lebensmitteln. Wenn der Körper diese Fette wegen übergroßer Verfügbarkeit verwerten und verwenden soll, gibt es immer Probleme mit der künstlich veränderten Struktur der Transfette gegenüber den natürlichen Fettsäuren. Zellmembranen werden instabil und Hormonübertragungsketten laufen ins Leere. Wirklich schlecht.
Am Anfang war die Alge
EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) gehören zu den biologisch aktivsten und damit wichtigsten Vertretern der Omega-3-Fettsäuren. Sie finden sich reichlich in Kaltwasserfischen wie Lachs, Makrele, Hering, Sardine, Forelle und Thunfisch, die auch als Quellen für die Herstellung von Fischöl in Nahrungsergänzungsmitteln dienen. EPA und DHA und werden aber auch als vegane Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von Mikroalgen angeboten.
Im Gegensatz zu den Makroalgen, zu denen z. B. die in der japanischen Küche verwendeten Meeresalgen Wakame, Nori und Kombu gehören, sind Mikroalgen winzige Algenarten, die meist nur unter dem Mikroskop sichtbar sind und oft nur aus einer einzigen Zelle bestehen. Mikroalgen spielen dennoch eine wichtige Rolle in der Ernährung vieler Lebewesen. Dank ihrer bioaktiven Inhaltsstoffe dienen sie vielen Meeresbewohnern als lebenswichtige Nahrungsquelle. Dies erklärt auch, warum Kaltwasserfische besonders hohe Gehalte an Omega-3-Fettsäuren aufweisen. Die guten Fettsäuren, die wir aufnehmen, wenn wir Fisch essen, sind also ursprünglich in Algen enthalten.
Von der Mikroalge zum Algenöl
Die Zahl der Mikroalgenarten wird weltweit auf mehrere zehntausend bis über 100.000 geschätzt. Bekannt sind vor allem Chlorella, Spirulina und Schizochytrium, welche in Lebensmitteln, Nahrungsergänzungen und Kosmetika Verwendung finden. Um sie für diese Zwecke nutzen zu können, müssen sie in Becken, speziellen Tanks oder Photobioreaktoren gezüchtet werden, die optimale Wachstumsbedingungen bieten. Unter kontrollierten Bedingungen werden Wasser, Nährstoffe und gegebenenfalls CO2 zugeführt, um das Wachstum und die Vermehrung der Algen zu fördern. Wenn die Algen ihre maximale Biomasse erreicht haben, werden sie geerntet. Hierbei wird die Algenmasse von dem flüssigen Medium getrennt. Anschließend kann die Algenmasse weiterverarbeitet werden, unter anderem durch Extraktion zu Omega-3-reichem Algenöl, das Grundlage vieler Nahrungsergänzungsmittel ist. Dazu werden die Algen zunächst mechanisch zerstoßen und getrocknet. Danach kann das Öl abgepresst werden.
Omega-3-Fettsäuren: Die Mikroalge macht’s!
Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von Mikroalgen stellen nicht nur für Vegetarier und Veganer eine sinnvolle und einfache Möglichkeit dar, ihren Bedarf an Omega-3-Fettsäuren zu decken. Welche konkreten Vorteile bieten die pflanzlichen Omega-3-Lieferanten?
- Umweltfreundlichkeit: Jedes Jahr sterben Milliarden von Fischen für den menschlichen Verzehr. Die ökologischen Folgen sind gravierend, denn der Fischfang trägt zur Überfischung der Weltmeere bei und kann auch zur Freisetzung von Schadstoffen in die Umwelt führen. Mikroalgen können regional gezüchtet werden, ohne das empfindliche Gleichgewicht des Meeres zu gefährden und ohne lange Transportwege zu verursachen.
- Nachhaltigkeit: Algenöl ist eine nachhaltige Alternative zu Fischöl, da es direkt aus Mikroalgen gewonnen wird, ohne dass Fische in den Herstellungsprozess involviert sind. Die Kultivierung von Algen ist ressourcenschonend, erhält Lebensräume und benötigt deutlich weniger Fläche und Wasser als die Fischzucht.
- Ursprünglichkeit: Mikroalgen sind eine wichtige Nahrungsgrundlage für viele Meeresbewohner. Fische nehmen mit diesen Algen Omega-3-Fettsäuren auf und reichern sie in ihrem Körper an. Algen können daher als ursprüngliche Quelle für Omega-3-Fettsäuren angesehen werden.
- Reinheit: Omega-3-Fettsäuren aus Algen, die in kontrollierten Aquakulturen gezüchtet werden, zeichnen sich durch eine deutlich höhere Reinheit aus als Omega-3-Fettsäuren aus Fischen, die Schadstoffe aus dem Meer aufnehmen. Im Vergleich zu Algenöl ist das Verfahren zur Sicherung und Gewährleistung der Reinheit von Fischöl wesentlich aufwendiger.
- Für Veganer geeignet: Bei einer vegetarischen oder veganen Ernährung wird zur Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren häufig auf Leinöl oder andere pflanzliche Öle zurückgegriffen, da diese die Omega-3-Fettsäure ALA (Alpha-Linolensäure) enthalten. ALA ist zwar die direkte Vorstufe von EPA und DHA, kann aber vom Körper nur schlecht in diese biologisch aktiveren Formen umgewandelt werden. Algen sind eine direkte pflanzliche Quelle für EPA und DHA und daher die ideale Wahl für Veganer und Vegetarier, um ihren Omega-3-Bedarf optimal zu decken.
- Allergenfrei: Algenöl ist rein pflanzlich und daher für Menschen geeignet, die Omega-3-Fettsäuren in ihre Ernährung integrieren möchten, aber auf bestimmte Allergene in Fischen und Meeresfrüchten empfindlich reagieren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Fettsäuren ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Ernährung sind. Besonders wertvoll für die Gesundheit sind die mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren. Viele Menschen nehmen sie über Fisch oder Fischölprodukte zu sich. Algen stellen jedoch eine erstklassige pflanzliche Alternative dar, die sogar Vorteile gegenüber tierischen Omega-3-Quellen haben kann. Die Kultivierung von Algen ist umweltfreundlicher und nachhaltiger als der Fischfang und bietet die Möglichkeit, EPA und DHA aus völlig reinen Quellen zu beziehen. Darüber hinaus sind Algen vegan und frei von Allergenen, was sie zu einer gesunden Wahl für jede Form der Ernährung macht.